Dokument: Experimentelle Untersuchungen und mathematisch-theoretische Vorhersagen des Freisetzungsverhaltens aus extrudierten Fettmatrices

Titel:Experimentelle Untersuchungen und mathematisch-theoretische Vorhersagen des Freisetzungsverhaltens aus extrudierten Fettmatrices
Weiterer Titel:Experimental investigations and mathematical-theoretical prdictions of release behaviour from fat matrices
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20120801-092013-5
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Güres, Sinan [Autor]
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Dateien vom 24.07.2012 / geändert 24.07.2012
Beitragende:Prof. Dr. Kleinebudde, Peter [Betreuer/Doktorvater]
Prof. Dr. Breitkreutz, Jörg [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibungen:Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Freisetzungseigenschaften von Festfett-Extrudaten analysiert.
Erstmalig wurden systematische Untersuchungen durchgeführt, die den Einfluss verschiedener Hilfsstoffgruppen auf die Freisetzung eines Arzneistoffs aus Fetsfett-Extrudaten kategorisieren. Dafür wurden drei Gruppen ausgewählt, die jeweils durch mehrere Hilfsstoffe vertreten waren: Porenbildner, Hydrokolloide und Zerfallhilfsmittel. Die Grundmatrix, in die diese Hilfsstoffe eingearbeitet wurden, bestand aus 50 % Diprophyllin als Modellarzneistoff und 45 % Glyceroltristearat als Fett (m/m). Die Extrudierbarkeit jeder dieser Stoffmischungen konnte mit Hilfe von thermoanalytischen Messungen gezeigt werden. Die physikalischen Eigenschaften der Stoffmischungen sind im Extrudat erhalten geblieben. Nicht alle Hilfsstoffe führten zu einer Freisetzungsbeschleunigung. Innerhalb der Porenbildner-Gruppe zeigten Mannitol und NaCl keinen Einfluss auf die Freisetzung, PEG mit einem mittleren Molekulargewicht von 10.000 hingegen jedoch einen signifikanten Einfluss. Als Ursache für das außerordentliche Verhalten des PEGs konnte die Extrusionstemperatur identifiziert werden. Dadurch, dass PEG 10.000 während der Extrusion bei 65 °C schmilzt und sich somit besser in der Matrix verteilt, bildet sich vermutlich ein feineres PEG-Netzwerk im Extrudat aus, welches schließlich zu einer beschleunigten Freisetzung des Diprophyllins führt. Ein Screening-Versuch, der den Einfluss des PEG- Molekulargewichtes auf die Freisetzung des Arzneistoffs im Fokus hatte, führte zu der Erkenntnis, dass lediglich die Extrusionstemperatur und der damit verbundene Aggregatzustand des PEGs/PEOs die Freisetzungsgeschwindigkeit determiniert und nicht das Molekulargewicht. Während der Extrusion schmelzende PEGs/PEOs führten zu einer gegenüber den anderen PEGs/PEOs beschleunigte Freisetzung.
Innerhalb der Hydrokolloid-Gruppe wurden gezielt die Einflüsse unterschiedlicher Viskositätsstufen verschiedener Typen untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass höher viskose Hydrokolloide eines Typs (HPMC 4000 und HEC 30000) die Matrix zum Zerfall bringen, während die niederviskosen (HPMC 50 und HEC 20) punktuell auf der Extrudatoberfläche zu Erosionen führen. In den Freisetzungseigenschaften spiegelte sich dies ebenfalls wider. Extrudate mit Hydrokolloiden höherer Viskositätsstufen setzten den Arzneistoff schneller frei als Extrudate, die niedrigviskose Hydrokolloide enthielten.
Zerfallhilfsmittel zeichneten sich durch unterschiedliche Effekte aus. Während Croscarmellose-Natrium und Natriumstärkeglykolat zu sehr schnellem Zerfall der Fettmatrix und gleichzeitig auch zu einer schnellen Freisetzung führten, blieb dieser Effekt bei den PVP-CL unterschiedlicher mittlerer Korngrößen aus. Kollidon® CL und CL-SF zeigten unterschiedliche, aber systematische, von ihren Korngrößenverteilungen abhängige Effekte. Das feinere CL-SF führte weder zu einem Zerfall, noch zu einer Erosion der Matrix und setzte dadurch den Modellarzneistoff relativ langsam frei. Gröberes CL hingegen bedingte eine gleichmäßige Erosion der Matrix und letztlich eine schnellere Freisetzung. Zur Überprüfung eines generellen Korngrößeneinflusses auf die Arzneistoffliberation wurden alle Hilfsstoffe auf einen engeren Korngrößenbereich (bis 80 µm) klassiert und erneut mit Diprophyllin und Glyceroltristearat zu Extrudaten verarbeitet. Ein signifikanter Einfluss der mittleren Korngröße konnte in fast allen Fällen nicht ermittelt werden.
In Rahmen dieser Arbeit wurden weiterhin ein mathematisches sowie ein empirisches Modell entwickelt und deren Eignung zur Beschreibung von Freisetzungsverhalten aus Extrudaten überprüft. Die Modelle wurden auf ihre Prädiktivität von Freisetzungsprofilen in Abhängigkeit von Extrudatmaßen getestet. Für diese Untersuchungen wurden Extrudate mit den Zusammensetzungen Diprophyllin/Glyceroltristearat/PEG 20.000 bzw. Kollidon® CL-SF ausgesucht.
Für die Entwicklung des mathematisch theoretischen Modells wurden zunächst die physikochemischen Eigenschaften der Extrudate analysiert. Auf ihnen basierend konnte die Fick`sche Diffusion als Hauptmassentransport Mechanismus vorausgesetzt werden. Das zweite Fick`sche Diffusionsgesetz in seiner an die Zylindergeometrie angepassten Form diente als Ausgangsformel für die Entwicklung des mathematischen Modells. Eine analytische Lösung dieser partiellen Differentialgleichung konnte mit Hilfe der Laplace-Transformation ermittelt werden. Sie diente zur finalen Berechnung der Freisetzungsdaten in Abhängigkeit von den Extrudatmaßen.
Extrudate der oben genannten Zusammensetzung in der Variante mit PEG 20.000, mit 0,6, 1,0, 1,5, 2,7 und 3,5 mm Durchmesser wurden durch Einsatz verschiedener Extruder-Düsenplatten hergestellt und physikochemisch beurteilt. Es konnte auch hier kein Einfluss der Extrusion auf die Eigenschaften der physikalischen Mischungen festgestellt werden. Die experimentellen Daten der Freisetzungsuntersuchungen dieser Extrudate wurden mit den durch Einsetzen der Extrudatmaße (Durchmesser und Länge) in die Modellgleichung errechneten Daten verglichen. Ein Ähnlichkeitsvergleich von experimentellen und vorhergesagten Kurvenpaaren durch Bestimmung des f2-Wertes ergab eine Übereinstimmung von Theorie und Experiment. Das Modell war auch in der Lage, den Einfluss der Länge auf die Freisetzung zu beschreiben. Hierzu wurden Extrudate von 1 mm Durchmesser in verschiedene Längen geschnitten und experimentell auf die Freisetzungseigenschaften untersucht. Ein Einfluss der Länge konnte nicht festgestellt werden. Alle Extrudate zeigten die gleichen Freisetzungsgeschwindigkeiten. Das entwickelte Modell führte durch Berechnung zu der gleichen Erkenntnis. In einem Gegenversuch, bei dem bewusst eine Modellbedingung nicht eingehalten wurde (Zerfall durch Kolldion® CL-SF bei Extrudaten mit 2,7 und 3,5 mm Durchmesser), konnten die Grenzen des Modells aufgezeigt werden.
Als Vergleich zum mathematischen Modell wurde ein auf künstlichen neuronalen Netzen (KNN) und der genetischen Programmierung basierendes empirisches Modell entwickelt. Die experimentellen Freisetzungsdaten der 0,6-3,5 mm Fettextrudate wurden dazu dem KNN präsentiert. Drei Parameter, Länge, Durchmesser und Freisetzungsdauer wurden im KNN als Eingabeeinheiten festgelegt. Als Ausgabeeinheit wurde der freigesetzte Anteil festgelegt. Das KNN erkannte den Extrudatdurchmesser als kritischen und bestimmenden Parameter für die Freisetzungsgeschwindigkeit. Dem Modell wurde die Weibull-Verteilung, eine statistische Funktion, die häufig in der Qualitätssicherung zur Berechnung von Lebensdauern benutzt wird, zugrunde gelegt. Durch genetische Programmierung war es möglich, die Form- und Lageparameter der Weibull-Gleichung in Abhängigkeit des Extrudatdurchmessers als Funktion darzustellen, was zur finalen Modellgleichung führte. Auch dieses Modell war in der Lage die Freisetzungskurven realitätsnah wiederzugeben. Bewiesen wurde dies über den f2-Wert.
Durch die vorliegende Arbeit konnte ein allgemeiner Beitrag zum Verständnis von Freisetzungseigenschaften von Festfett-Extrudaten unterschiedlicher Formulierungen geleistet werden. Zusätzlich war es möglich, mathematische Modelle zu entwickeln mit Hilfe derer Freisetzungsprofile vorhergesagt werden konnten. In der Zukunft könnten solche Modelle dazu genutzt werden, Zeit und Material in der Formulierungsentwicklung zu sparen und einen tiefergehenden Einblick in Freisetzungsgeschehen zu schaffen.

The present work focused on the dissolution behaviour of solid lipid extrudates. It was possible to analyse the influence of different groups of excipients on the release of a model API from solid lipid extrudates systematically. Three groups of excipients were determined, each including several substances. Pore formers, hydrocolloids and super-disintegrants were chosen. The extrudate matrix into which 5 % release modifier were incorporated basically consisted of diprophylline as a model API and tristearin as a matrix former (50:45 % w/w). In each case it was possible to obtain suitable extrudates. The DSC analysis showed that the physical properties of the physical mixture were also existent in the extrudate matrix, representing a successful extrusion process. Dissolution experiments resulted in different behaviour of the extrudates. Not all of the excipients led to a faster dissolution rate. Within the pore former group mannitol and sodium chloride did not influence the release rate, compared to the reference extrudate, consisting of diprophyllin and tristearin (55:45 % w/w). PEG of a mean molecular weight of 10.000 instead increased the release rate significantly. The extrusion temperature of 65 °C could be identified as reason for this exceptional behaviour of PEG 10.000. Since its melting point of around 62 °C is exceeded during extrusion process, PEG 10.000 was assumed to melt and become a fluid within the mass. At the same time, it gets better distributed in the matrix. Thus, a fine PEG network is constructed in the extrudate leading to a faster dissolution rate. These findings lead to the idea to check the influence of different polyethyleneglycols. Polyethylene glycols and polyethylene oxides of different molecular weights, varying from 1.500 up to 7.000.000 were tested by incorporating them into the same basic matrix. For these studies also a lower melting powdered lipid, trimyristin, was used. The studies led to the result, that primarily the extrusion temperature and thus, the solid state of the PEG/PEO was responsible for release enhancement.
Within the group of hydrocolloids, the aim was to investigate the influence of different viscosity grades of different types on the dissolution rate of diprophylline. Higher viscosity grade of a hydrocolloid (HPMC 4000 and HEC 30000), led to a full disintegration of the matrix whereas lower viscosity grades (HPMC 50 and HEC 20) just resulted in locally eroded matrix surfaces.
The super-disintegrants also showed different effects on the release behaviour of diprophylline containing extrudates. Croscarmellose sodium and sodium starch glycolate led to fast disintegration of the matrix and to full release within a few minutes. Crospovidone (PVP-CL) of two different mean particle sizes instead, did not cause disintegration of the lipid matrix. These two super disintegrants showed different behaviour. In the case of Kollidon® CL-SF, that one with the smaller particle size, the matrix was still intact after dissolution and the drug was dissolved from pores, as it was in the pore former group. Kollidon® CL containing extrudates exhibited a much higher release rate. Here, surface erosion was the case, but not disintegration.
Since all the above mentioned experiments were performed using the excipients as received and as a consequence of this, the particle size influence on the release rate was not considered, additional trials with sieved excipients were performed. The excipients were sieved to a particle size range from 0-80 µm and the experiments were repeated. A significant influence of the particle size of the excipients could not be detected.
A further approach of the present work was to develop mathematical and empirical models which are able to predict the release profiles of solid lipid extrudates. The suitability of these models was tested by predicting the release profiles of different dimensioned extrudates. For these investigations extrudates with the composition of diprophylline, tristearin and PEG 20.000 or Kolldion® CL-SF were chosen.
For the development of the mathematical model the physicochemical properties of the extrudates were analysed first. Based on these results, fickian diffusion could be identified as the main transport mechanism during dissolution. Fick`s second law of diffusion for cylindrically shaped systems served as the basic equation of the model. As Fick`s second law of diffusion is a partial differential equation, an analytical solution via Laplace transformation had to be derived. The result was an equation, which could directly be used to calculate the released drug amount.
Extrudates of the abovementioned composition with PEG 20.000 of 0.6, 1.0, 1.5, 2.7 and 3.5 mm diameter were produced by using different die plates and were physicochemically characterized. After dissolution testing, the data of these extrudates were compared to the calculated release data, obtained by inserting diameter and length of the extrudates into the model equation. The calculation of the similarity factor f2 proved the sameness of the dissolution curve pairs (theory and experiment), indicating the good quality of the mathematical model. In order to validate the predictability of the model further experiments, considering only the length of an extrudate were performed. Extrudates of 1.0 mm diameter and the abovementioned composition were cut to different lengths. Dissolution experiments were performed and again the model equation was used to predict the release behaviour of these extrudates. Experiment and theory showed good accordance again. In order to demonstrate the limits of the mathematical model, a disintegrating extrudate (containing Kolldion® CL-SF) was used. Since the model does not consider disintegration, it was not able to correctly predict the release behaviour in this case.
As a comparison to the mechanistic model based on Fick`s second law of diffusion, an empirical approach was applied to the same problem (extrudates of 0.6-3.5 mm diameter). Artificial neuronal networks (ANNs) are well known as empirical modeling tools, which are able to learn from a set of experimental data and to identify a pattern in these data. Three parameters, extrudate length, extrudate diameter and the dissolution time were determined as input units for the ANNs. The released drug fraction was chosen as the output unit, since this was the parameter of interest. The ANNs was able to identify the diameter and time as a crucial parameters determining the release rate. The number of input units could thus be reduced from three to two.
In the second step, the Weibull-equation, a function mostly used in the industry to determine the lifetime of parts, was tried to use as a basis for the model. Via genetic programming (GP), the Weibull equation was developed to the final model equation, considering the time and the diameter of the extrudates, those two parameters, identified by the ANNs as the crucial parameters. This model also showed a good predictability, which could be proven by the calculation of the f2-value.
The present work contributed to the understanding of the release behaviour of solid lipid extrudates of different compositions. Not least, the understanding of the influences of different excipient groups on the release rate could be enriched. Furthermore it was possible to create mathematical models being able to predict the release profiles of solid lipid extrudates. In the future, models like these ones could be useful in the formulation development in order to save time and material costs.
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Pharmazie » Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie
Dokument erstellt am:01.08.2012
Dateien geändert am:01.08.2012
Promotionsantrag am:21.12.2011
Datum der Promotion:26.01.2012
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