abstract = "Der genetischen Programmierung (GP) liegt zumeist die
Annahme zugrunde, dass die Individuen eine evolvierte,
wohldefinierte Struktur haben und ihre Ausfuehrung
deterministisch erfolgt. Diese Annahme hat ihren
Ursprung nicht beim methodischen Vorbild, der
natuerlichen Evolution, sondern ist ein bewusstes oder
unbewusstes Erbe der Umgebung, in der die Evolution
nachgebildet wird - der von-Neumann-Architektur. John
von Neumann hat mit der nach ihm benannten
von-Neumann-Architektur weit mehr in der Informatik
beeinflusst als das Gebiet der Rechnerarchitekturen.
Daher ist sein Einfluss auf die Evolution von
Algorithmen mittels genetischer Programmierung nicht
verwunderlich, auch wenn die von-Neumann-Architektur
wenig gemein mit den in der Natur evolvierten Systemen
hat. In den letzten Jahren entstanden eine ganze Reihe
von Konzepten und theoretischen Modellen, die nur noch
wenig Anleihen bei von Neumanns Rechnerarchitektur
machen und die in ihren Eigenschaften staerker
natuerlichen Systemen aehneln. Die Faehigkeit dieser
Systeme, Berechnungen durchzufuehren, entsteht erst
durch die Interaktion ihrer parallel agierenden,
nichtdeterministischen und dezentral organisierten
Komponenten. Die Faehigkeit emergiert. UEber die
Evolution von Algorithmen fuer solche Systeme jenseits
der von-Neumann-Architektur weiss man noch
vergleichsweise wenig. Die vorliegende Arbeit nimmt
sich dieser Fragestellung an und bedient sich hierbei
der algorithmischen Chemie, einer kuenstlichen Chemie,
die bei vereinfachter Betrachtungsweise aus einem
veraenderten Programmzeigerverhalten in der
von-Neumann-Architektur resultiert. Reaktionen, eine
Variante einfacher Instruktionen, werden hierbei in
zufaelliger Reihenfolge gezogen und ausgefuehrt. Sie
interagieren miteinander, indem sie Produkte anderer
Reaktionen verwenden und das Ergebnis ihrer
Transformation, gespeichert in sogenannten Molekuelen,
anderen Reaktionen zur Verfuegung stellen. Zur
experimentellen Auswertung dieses
nichtdeterministischen Systems wird die sequenzielle
Parameteroptimierung um ein Verfahren zur Verteilung
eines Experimentbudgets erweitert. Das systematische
Design der Experimente und ihre anschliessende Analyse
ermoeglichen es, generalisierte Erkenntnisse ueber das
Systemverhalten jenseits konkreter Parametrisierungen
zu gewinnen. Im Fall der genetischen Programmierung
einer algorithmischen Chemie fuehren die gewonnenen
Erkenntnisse zu einer Neuentwicklung des
Rekombinationsoperators nach dem Vorbild homologer
Rekombinationsoperationen und damit zu einer weiteren
Verbesserung der Systemperformance. Es zeigt sich, dass
die fuer ein zielgerichtetes Verhalten einer
algorithmischen Chemie notwendigen Reaktionsschemata
mittels genetischer Programmierung erlernt werden
koennen. Fuer gaengige Problemstellungen aus dem
Bereich der genetischen Programmierung werden Loesungen
gefunden, die in ihrer Guete mit denen anderer
GP-Varianten und maschineller Lernverfahren
vergleichbar sind. Die evolvierten Loesungen fallen
dabei deutlich kompakter bezueglich der Datenflusshoehe
und der Anzahl benoetigter Operationen aus, als in dem
zum Vergleich herangezogenen linearen GP-System.",